VG Aachen, Urteil vom 31.03.2004 - 6 K 1922/03
Fundstelle
openJur 2011, 30249
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, falls nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf ihm erteilter waffenrechtlicher Erlaubnisse durch den Beklagten.

Der Kläger ist Jäger und war bis zum 31. März 2001 Inhaber eines gültigen Jagdscheins. Am 3. November 2003 wurde ihm erneut ein 3-Jahres-Jagdschein erteilt. Der Kläger ist ferner Inhaber von fünf Waffenbesitzkarten für insgesamt sieben Schusswaffen nebst zugehörigen Munitionserwerbsberechtigungen. Im Einzelnen hat ihm der Beklagte zum Zwecke der Jagdausübung in den Jahren 1992 bis 1996 folgende Waffenbesitzkarten ausgestellt:

1. 13384/92-(C) vom 31. August 1992 für die darin eingetragenen Schusswaffen - Revolver .44 Magn. Smith & Wesson Mod.29, Nr. BHY-8578 - Bockdoppelflinte 12/70, Hubertus Brasil, Nr. 14883 2. 13384/94-(D) vom 24. Mai 1994 für die darin eingetragenen Schusswaffen - Pistole 9 mm Para, Heckler & Koch, Nr. 16120 - Bockbüchsflinte 12/70 5,6 x 52R, Brünner, Nr. 01506., nachträglich eingetragen am 10. April 1996 3. 13384/94-(E) vom 28. Oktober 1994 für die darin eingetragene Schusswaffe - Repetierbüchse .22 MAGN., Weihrauch HW 60 J, Nr. 28941 4. 13384/94-(F) vom 8. Dezember 1994 für die darin eingetragene Schusswaffe - Doppelbüchse 9,3 x 74, Kammergewehr, Nr. 9931 5. 13384/94-(G) vom 8. Dezember 1994 für die darin eingetragene Schusswaffe - Doppelflinte 12/70, Holland, Nr. 511520

In der Vergangenheit trat der Kläger mehrfach strafrechtlich in Erscheinung. In der Zeit von 1983 bis 1999 wurde er sechsmal rechtskräftig verurteilt, nämlich unter anderem wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz durch Urteile des Amtsgerichts Aachen vom 16. Dezember 1983 (43 Cs 41 Js 354/83) -rechtskräftig seit dem 30. Dezember 1983- und des Amtsgerichts Hamburg vom 5. März 1986 (75 Js 1841/84, 149-180/85) -rechtskräftig seit dem 6. August 1987-, wegen fortgesetzter Beihilfe zur Förderung der Prostitution in Tateinheit mit Zuführung zur Prostitution und Zuhälterei durch Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 18. Juni 1986 (129 Js 552/85, 149-235/86) -rechtkräftig seit dem 27. August 1987- und wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz durch Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 5. Februar 1993 (43 Cs 69 Js 2303/92-85 VRs 5288/93) -rechtskräftig seit dem 25. Februar 1993-.

Durch Urteil vom 28. Juni 1995 (43 Ds 76 Js 576/94) verurteilte ihn sodann das Amtsgericht Aachen wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20,00 DM. Das Urteil ist seit dem 20. Januar 1996 rechtskräftig. Dieser Verurteilung lag nach den Feststellungen des Amtsgerichts zugrunde, dass der Kläger im Mai 1994 im Rahmen einer Auseinandersetzung mit seiner damaligen Lebensgefährtin in der gemeinsamen Wohnung den Revolver .44 Magnum aus dem Schrank herausholte und mit den Worten auf sie richtete, wenn sie ihn herauswerfe, werde er sie "kaputt schießen und aus dem Fenster werfen". Bei einem weiteren Streit am 17. Dezember 1994 schlug er ihr mit der Faust auf den Kopf, in das Gesicht und in den Nacken.

In innerem Zusammenhang mit dieser Verurteilung steht die letzte Verurteilung des Klägers wegen Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage sowie Anstiftung zum Meineid durch Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 3. November 1998 (32 Ls 99 Js 920/07) -rechtskräftig seit dem 21. August 1999-, das auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten erkannte. Zu dieser Verurteilung kam es, weil der Kläger im vorerwähnten Verfahren 43 Ds 76 Js 576/94 seiner Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung in der Berufungsinstanz dadurch zu entgehen versuchte, dass er das Opfer, seine damalige Lebensgefährtin, dazu bestimmte und veranlasste, die ihn belastenden Zeugenaussagen im Berufungsverfahren nicht zu wiederholen und die Aussage mit der wahrheitswidrigen Erklärung zu verweigern, dass sie mit ihm verlobt sei. Dabei hatte er insbesondere dadurch auf das Aussageverhalten seiner damaligen Lebensgefährtin Einfluss genommen, dass er sie darauf hinwies, dass er im Falle seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Körperverletzung mit dem Entzug seines Jagdscheines rechnen müsse. "Käme es dazu", so erklärte er damals, "so sähe es schlecht für sie aus". Außerdem drohte er, dafür Sorge zu tragen, dass ihr ihreTochter vom Jugendamt weggenommen werde. Um der unzutreffenden Behauptung über das Bestehen eines Verlöbnisses nachträglich den Anschein der Wahrhaftigkeit zu verleihen, schlossen der Kläger und seine ehemalige Lebensgefährtin kurz nach dem Berufungsverfahren auf sein Drängen hin die Ehe, die ungefähr ein Jahr später wieder geschieden wurde.

Ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Betruges (70 Js 170/00) wurde durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Aachen am 2. April 2000 gemäß § 154 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) mit der Begründung eingestellt, dass die zu erwartende Strafe neben der bereits gegen den Kläger verhängten Strafe in einem anderen Verfahren nicht beträchtlich ins Gewicht falle.

Der Beklagte erhielt erstmals im November 2000 Kenntnis von der Verurteilung des Klägers wegen Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage sowie Anstiftung zum Meineid vom 3. November 1998. Er sah jedoch von der Einleitung weiterer Maßnahmen aufgrund dieser Verurteilung ab, da seiner Einschätzung zufolge nach dem seinerzeit geltenden Waffengesetz vom 8. März 1976 weder ein Regelbeispiel der Unzuverlässigkeit erfüllt noch sonst ein Waffen- oder Munitionsbezug gegeben war.

Die Jagdbehörde lehnte mit Blick auf die Verurteilung des Klägers vom 3. November 1998 die Erteilung eines -neuen- Jagdscheines mit Bescheid vom 24. April 2001 unter Hinweis darauf ab, dass der Kläger aufgrund der Verurteilung u.a. wegen eines Verbrechens die Regelvermutung des § 17 Abs. 4 Nr. 1 lit. a) des Bundesjagdgesetzes erfülle und damit nicht mehr die nach dem Jagdgesetz erforderliche Zuverlässigkeit besitze. In dem nach erfolglosem Vorverfahren anschließenden Klageverfahren vor der 3. Kammer des erkennenden Gerichts (3 K 1299/01) verpflichtete sich die Jagdbehörde durch Vergleich, einen Antrag des Klägers auf Erteilung eines Jagdscheines ab dem 1. April 2003 nicht wegen der Verurteilung vom 3. November 1998 abzulehnen.

Im November 2002 erhielt der Beklagte durch Einholung einer Auskunft aus dem Bundeszentralregister von sämtlichen Verurteilungen des Klägers Kenntnis.

Nach vorheriger Anhörung widerrief er sodann mit Bescheid vom 17. April 2003 die fünf von ihm selbst dem Kläger erteilten umd bereits eingangs im Einzelnen beschriebenen Waffenbesitzkarten sowie zwei ältere, dem Kläger durch die Freie und Hansestadt Hamburg erteilte Waffenbesitzkarten mit den Nummern 13384/81-(A) vom 30. Juni 1981 und 13384/83-(B) vom 28. Januar 1983 einschließlich der darin enthaltenen Munitionserwerbsberechtigungen. Zugleich gab er dem Kläger auf, die Erlaubnisurkunden spätestens mit Bestandskraft des Widerrufsbescheides zurückzugeben, und ordnete an, die Schusswaffen, über die er die tatsächliche Gewalt ausübe, innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Eintritt der Bestandskraft des Widerrufsbescheides einem Berechtigten zu überlassen oder die Unbrauchbarmachung der Gegenstände zu veranlassen. Für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnung betreffend die Erlaubnisurkunden drohte er dem Kläger ein Zwangsgeld in Höhe von 150,00 EUR an. Ferner erhob der Beklagte für die Entscheidung Verwaltungskosten i. H. v. 250,62 EUR. Zur Begründung des Widerrufes führte er im Wesentlichen aus, der Kläger besitze gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) des am 1. April 2003 in Kraft getretenen Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 (WaffG 2002) nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit, da er vom Amtsgericht Aachen durch Urteil vom 3. November 1998 wegen Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage sowie Anstiftung zum Meineid verurteilt worden sei und seit dem Eintritt der Rechtskraft noch keine 10 Jahre verstrichen seien. Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse wirke nicht in unzulässiger Weise zurück, sondern entfalte Wirkung nur für die Zukunft. § 58 Abs. 1 WaffG 2002 vermittle -ebenso wie § 49 Abs. 2 Nr. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein- Westfalen (VwVfG NRW), der durch die spezialgesetzliche Regelung des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 verdrängt werde- keinen weiter reichenden Bestandsschutz. Zudem sprächen auch die weiteren Verurteilungen aus den Jahren 1983 bis 1995 gegen die charakterliche Eignung des Klägers zum Besitz von Waffen, da sie insgesamt Zweifel an seiner gesetzeskonformen Haltung begründeten.

Mit Bescheid vom gleichen Tag lehnte die Jagdbehörde einen Antrag des Klägers vom 19. März 2003 auf Erteilung eines Drei-Jahres-Jagdscheines wegen fehlender Zuverlässigkeit ab, die sie mit der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers vom 3. November 1998 begründete. Sie sah sich durch den im Verfahren 3 K 1299/01 geschlossenen Vergleich nicht an der Versagung des Jagdscheines gehindert, nachdem sie den Vergleich mit der Begründung gekündigt hatte, die maßgebliche Rechtslage habe sich zum 1. April 2004 wesentlich geändert.

Den gegen den Bescheid vom 17. April 2003 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen damit, dass der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse gegen § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 verstoße, da dieser die Fortgeltung der nach altem Recht erteilten Erlaubnisse ausdrücklich vorschreibe, soweit nicht nachfolgend -in den Absätzen 1 bis 9 der Vorschrift- Abweichendes bestimmt werde. Eine solche abweichende Regelung liege hier jedoch nicht vor, so dass nach Abs. 1 der rechtliche Fortbestand der waffenrechtlichen Erlaubnisse nach altem Recht gewährt werde. Die Auffassung des Beklagten, die Vorschrift habe lediglich eine deklaratorische Bedeutung, verstoße gegen das Gesetz. Der rechtliche Fortbestand der Alterlaubnisse folge insbesondere auch in einem Umkehrschluss aus § 58 Abs. 2 WaffG 2002, der derzeit gültige waffenrechtliche Erlaubnisse für Kriegsschusswaffen ab dem 1. Oktober 2003 ausdrücklich für unwirksam erkläre, andere Erlaubnisse hingegen nicht. Die ausdrücklich bestimmte Fortgeltung von Alterlaubnissen werde umgangen, wenn diese allein aufgrund der neuen Rechtslage, ohne dass neue Tatsachen eingetreten seien, widerrufen würden. § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 biete keine Rechtsgrundlage für den Widerruf. Die Vorschrift erlaube lediglich den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis bei nachträglichem Tatsacheneintritt. Der Widerrufsbescheid werde jedoch nicht auf nachträglich eingetretene Tatsachen, sondern ausschließlich auf Vorschriften des zum 1. April 2003 in Kraft getretenen neuen Waffengesetzes gestützt. Einem Widerruf der Erlaubnisse stehe auch § 49 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW entgegen, weil er -der Kläger- von den waffenrechtlichen Erlaubnissen bereits Gebrauch gemacht habe und damit Vertrauensschutz genieße. Der Hinweis des Beklagten, diese Vorschrift sei neben § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG als lex specialis nicht anwendbar, gehe fehl, da § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG lediglich den Widerruf aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen, nicht jedoch den Widerruf aufgrund geänderter Rechtsvorschriften regele.

Auf den Widerspruch des Klägers änderte der Beklagte den Bescheid vom 17. April 2003 mit Bescheid vom 25. Juni 2003 dahin gehend ab, dass er den Widerruf der Waffenbesitzkarten aus den Jahren 1981 und 1983 für gegenstandslos erklärte, da sie bereits im Jahre 1984 bestandskräftig durch die Freie und Hansestadt Hamburg widerrufen worden waren und die darin eingetragenen Waffen sich nicht mehr im Besitz des Klägers befanden. Die nach dem Ausgangsbescheid vom Kläger zu tragenden Kosten reduzierte er um 40,00 EUR auf 210,62 EUR. Im Übrigen half er dem Widerspruch des Klägers nicht ab.

Die Bezirksregierung Köln wies den Widerspruch des Klägers im Übrigen mit Bescheid vom 1. September 2003 im Wesentlichen aus den Gründen aus Ausgangsbescheides zurück. Darüber hinaus führte sie aus, die Übergangsregelung des § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 verfolge nur den Zweck, bestehende Erlaubnisse nicht automatisch erlöschen zu lassen, damit nicht alle "Alterlaubnisinhaber" zum Inkrafttreten des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 eine neue waffenrechtliche Erlaubnis beantragen müssten. Dies bedeute jedoch nicht, dass Besitzer einer waffenrechtlichen Erlaubnis nach dem Waffengesetz von 1976 nicht die Erlaubnisvoraussetzungen nach neuem Recht zu erfüllen hätten. Gemäß § 5 Abs. 1 Ziff. 1 lit. a) WaffG 2002 werde aufgrund der seit dem 21. August 1999 rechtskräftigen Verurteilung des Klägers zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten wegen Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage sowie Anstiftung zum Meineid die absolute waffenrechtliche Unzuverlässigkeit für die Dauer von 10 Jahren ab Rechtskraft des Urteils unwiderlegbar vermutet. Bei der die Unzuverlässigkeit des Klägers begründenden Verurteilung vom 3. November 1998 handelte es sich auch um eine "nachträglich" eingetretene Tatsache im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002. Ein nachträglicher Tatsacheneintritt liege immer dann vor, wenn -wie hier- nach Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis Versagungstatbestände eingetreten seien.

Mit der am 17. September 2003 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor: Zu Unrecht werte der Beklagten die "Altverurteilung" aus dem Jahre 1998 als eine nachträglich eingetretene Tatsache im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002. Nachträgliche Tatsachen im Sinne dieses Widerrufstatbestandes seien nur die nach dem Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes am 1. April 2003 eingetreten Tatsachen . Die bloße Änderung der Rechtslage zum 1. April 2003 könne nicht als der Eintritt einer neuen Tatsache im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 gewertet werden. Auch fänden die strengeren Zuverlässigkeitsanforderungen des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 keine Anwendung auf so genannte "Alterlaubnisse". Eine vor dem Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes rechtmäßig erteilte Erlaubnis könne nicht allein deshalb widerrufen werden, weil sie nach dem neuen Waffengesetz nicht mehr erteilt werden dürfe. Die von der Kammer im Beschluss vom 9. Dezember 2003 (6 L 1161/03) vorgenommene Differenzierung danach, ob eine "Alterlaubnis" vor oder nach einer "Altverurteilung" erteilt worden sei, sei nicht sachgerecht. In beiden Fällen gelte gleichermaßen der Grundsatz des Vertrauensschutzes wie auch die Übergangsregelung des § 58 Abs.1 WaffG 2002, der ausdrücklich die Fortgeltung von "Alterlaubnissen" trotz Änderung der Rechtslage bestimme. Die von der Kammer vertretene Ansicht, dass die Bedeutung der Vorschrift sich darin erschöpfe, dass die nach alter Rechtslage erteilten Erlaubnisse mit dem Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 nicht unwirksam würden, sei nicht haltbar, da solche Erlaubnisse nicht allein durch ein neues Waffengesetz unwirksam werden könnten, es sei denn solches sei ausdrücklich gesetzlich bestimmt. Darüber hinaus sei die nach dem Bekanntwerden der Verurteilung vom 3. November 1998 unter der Geltung des alten Waffengesetzes getroffene Entscheidung des Beklagten, ihm -dem Kläger- die Waffenbesitzkarten trotz dieser Verurteilung zu belassen, rechtlich gleichzustellen mit der Neuerteilung der Erlaubnisse, so dass es auch insofern hinsichtlich der fraglichen Verurteilung am Eintritt einer neuen Tatsache fehle. Alle anderen Verurteilungen, namentlich die des Amtsgerichts Aachen vom 28. Juni 1995 wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung -rechtskräftig seit dem 20. Januar 1996-, dürften bereits unter Zugrundelegung der Auffassung der Kammer bei der Entscheidung über den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse keine Berücksichtigung finden, da der Beklagte ihm zuletzt am 10. April 1996 eine waffenrechtliche Erlaubnis erteilt habe und die zuvor erfolgten Verurteilungen damit keine "nachträglichen" Tatsachen darstellten. Im Übrigen habe mittlerweile die Jagdbehörde mit Blick auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (Beschluss vom 11. September 2003 -21 CS 03.1736-) die Ansicht aufgegeben, dass ihm -dem Kläger- aufgrund der Verurteilung aus dem Jahre 1998 die erforderliche Zuverlässigkeit fehle; sie habe den beantragten Jagdschein erteilt. Schließlich habe ihm auch der Beklagte zwischenzeitlich einen "Europäischen Feuerwaffenpass" sowie eine Zweitausfertigung der Waffenbesitzkarte Nr. 13384/94 (F) ausgestellt.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide des Beklagten vom 17. April 2003 und vom 25. Juni 2003 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 1. September 2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und führt ergänzend aus, der Gesetzgeber habe die Anforderungen an die Zuverlässigkeit und persönliche Eignung waffenrechtlicher Erlaubnisinhaber verschärft, um einen erhöhten Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Alle anderen Bestimmungen des Waffengesetzes bauten auf den Zuverlässigkeitsbestimmungen auf. Gerade auch die Verlängerung der Sperrfrist von 5 auf 10 Jahre sei ein Indiz dafür, dass sich die Sicherungswirkung des § 5 WaffG 2002 nicht nur auf den Zeitpunkt ab dem 1. April 2003 beziehe, sondern auch den Zeitraum davor mit in die Überprüfung der Erlaubnisbehörde einschließe. Nur so erreiche der Gesetzgeber, dass die Neuregelung der Zuverlässigkeitskriterien alle Erlaubnisinhaber betreffe. Der vom Kläger reklamierte Vertrauensschutz bestehe schon deshalb nicht, weil Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse aufgrund der Regelung des § 4 Abs. 3 WaffG 2002 mit der Überprüfung ihrer Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung in regelmäßigen Abständen rechnen müssten, und zwar mit Überprüfungen nach dem aktuell vorgeschriebenen Sicherheitsstandard. § 58 Abs. 1 WaffG 2002 könne deshalb nicht im Sinne des Klägers als Bestandsschutzgarantie ausgelegt werden.

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2003 (6 L 1161/03) hat die Kammer einen gegen die sofortige Vollziehung der im Zusammenhang mit dem Widerruf der Waffenbesitzkarten ergangenen Kostenentscheidung gerichteten Eilantrag abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte, der beigezogenen Gerichtsakten 3 K 1606/03, 3 K 1299/01, 6 L 1162/03 und 6 L 1161/03 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Widerruf der in Form der Waffenbesitzkarten mit den Nummern 13384/92-(C), 13384/94-(D), 13384/94-(E), 13384/94-(F) und 13384/94-(G) erteilten waffenrechtlichen Erlaubnisse ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-).

Der Widerruf der Waffenbesitzkarten findet seine Rechtsgrundlage bereits in den §§ 45 Abs. 2 Satz 1, 4 Abs. 1 Nr. 2, 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) des Waffengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts (WaffRNeuRegG) vom 11. Oktober 2002 (Bundesgesetzblatt I S. 3970, berichtigt BGBl. I S. 4592) - WaffG 2002 -, das zum 1. April 2003 in Kraft getreten ist. Wäre § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) als Widerrufstatbestand nicht anzuwenden -weil, wie der Kläger meint, die Vorschrift nicht solche Tatsachen erfasst, die den Tatbestand des 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) WaffG 2002 zwar ausfüllen, die aber schon vor dem Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 eingetreten sind, wäre der Widerruf der Waffenbesitzkarten rechtmäßig erfolgt, weil er jedenfalls § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WaffG 2002 hätte ergehen müssen.

Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Inhaber der Erlaubnis die gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 WaffG 2002 erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.

Diese Voraussetzungen waren hinsichtlich aller fünf Waffenbesitzkarten in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung,

vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 24. Juni 1992 - 1 B 105.92 -, Buchholz 402.5 WaffG Nr. 65,

dem Erlass des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 1. September 2003, in der Person des Klägers erfüllt.

Insbesondere handelt es sich bei den dem Kläger in den Jahren 1992 bis 1996 gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 5 Satz 1 des Waffengesetzes vom 8. März 1976 (WaffG 1976) erteilten Waffenbesitzkarten um Erlaubnisse "nach diesem Gesetz" im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 2 WaffG 2002. Diese Auslegung folgt aus der Übergangsvorschrift des § 58 Abs. 1 WaffG 2002, der ausdrücklich die Fortgeltung der Erlaubnisse im Sinne des Waffengesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 3. März 1976 anordnet und diese damit der Geltung des neuen Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 unterstellt,

vgl. Verwaltungsgericht (VG) Regensburg, Beschluss vom 16. Juli 2003 -RN 7 S 03.970- und VG Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2003 -W 6 S 03.538-.

Die Erlaubnisse waren gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 zu widerrufen, weil der Kläger nach ihrer Erteilung waffenrechtlich unzuverlässig geworden ist (I.). Dabei bemisst sich die Frage, ob ihm die für die weitere Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die von den Erlaubnissen erfassten Waffen erforderliche Zuverlässigkeit fehlt, nach den Zuverlässigkeitsanforderungen des zum 1. April 2003 in Kraft getretenen § 5 WaffG 2002 und nicht -wie der Kläger meint- nach altem Recht (II.). Eine Unzuverlässigkeit seiner Person ist darüber hinaus auch nach Maßgabe des früheren § 5 WaffG 1976 anzunehmen (III.). (I.) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. a WaffG 2002 war der Beklagte schon allein aufgrund der Verurteilung des Klägers vom 3. November 1998 zum Widerruf der Waffenbesitzkarten verpflichtet. Nach dieser Vorschrift besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, die rechtskräftig wegen eines Verbrechens oder wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung 10 Jahre noch nicht verstrichen sind. Mit der Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG 2002 wird das Merkmal der Unzuverlässigkeit für die Dauer von 10 Jahren ab Rechtskraft des Urteils unwiderlegbar vermutet ("absolute Unzuverlässigkeit"), wenn die dort genannten Tatsachen vorliegen, ohne dass -gerade auch in Abgrenzung zur Regelunzuverlässigkeit nach Abs. 2- eine Härtefall- Regelung vorgesehen ist. Die zu Tage getretene und rechtskräftig abgeurteilte Verletzung der Rechtsordnung ist von solchem Gewicht, dass das Vertrauen in die Zuverlässigkeit mit Waffen für die Dauer der 10-Jahres-Frist als nicht wiederherstellbar anzusehen ist,

vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BR-Drucks. 596/01 S. 101 und BT-Drucks. 14/7758 S. 54; VGH Mannheim, Beschluss vom 25. September 2003 -5 S 1899/03-.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind in der Person des Klägers erfüllt. Der Kläger wurde durch das Amtsgericht Aachen am 3. November 1998 wegen Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage sowie Anstiftung zum Meineid zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 9 Monaten verurteilt. Bei der Verurteilung wegen Anstiftung zum Meineid handelt es sich gemäß §§ 12 Abs. 1 und 3, 26 des Strafgesetzbuches um eine Verurteilung wegen eines Verbrechens. Auch waren seit dem Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung am 21. August 1999 bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2003 10 Jahre noch nicht verstrichen.

Die Verurteilung des Klägers vom 3. November 1998 stellt insbesondere auch eine "nachträgliche" Tatsache im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 dar, da sie zeitlich nach der Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnisse aus den Jahren 1992 bis 1996 eingetreten ist,

vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 30. April 1985 -1 C 12/83-, BVerwGE 71, 234 ff. und Heller/Soschinka, Das neue Waffenrecht, S. 178.

Der Widerruf der streitgegenständlichen Erlaubnisse erfolgte daher nicht -wie der Kläger meint- allein aufgrund der zum 1. April 2003 durch das Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts geänderten Rechtslage bei ansonsten seit Erteilung der Waffenbesitzkarten unverändert gebliebener Tatsachenlage. Insoweit ist dem Kläger einzuräumen, dass eine derartige Rechtsänderung allein keine neue, nachträglich eingetretene T a t s a c h e im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 darstellt, da das Verwaltungsverfahrensrecht, wie insbesondere die Vorschrift des § 49 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwVfG NRW zeigt, zwischen einer Änderung des der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhaltes einerseits -dies sind die "Tatsachen"- und der Änderung der der Entscheidung zugrunde liegenden Rechtslage andererseits unterscheidet. Der Widerruf der Waffenbesitzkarten knüpft im Fall des Klägers indessen an eine nachträglich eingetretene Tatsache an, nämlich an eine Änderung des den Erlaubniserteilungen zugrunde liegenden Sachverhalts, die nach der Erteilung der Erlaubnisse mit der Verurteilung des Klägers vom 3. November 1998 u.a. wegen Anstiftung zum Meineid eingetreten ist. Dass diese Tatsachenänderung aufgrund der in § 5 WaffG 2002 neu gefassten Zuverlässigkeitskriterien bewertet wird, ändert nichts daran, dass der Widerruf -wie vom Gesetz gefordert- an "neue Tatsachen" anknüpft.

Vor diesem Hintergrund sind auch die vom Kläger für die Rechtswidrigkeit des Widerrufs angeführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Würzburg sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs,

vgl. VG Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2003 -W 6 S 03.538-; VGH Bayern, Beschluss vom 11. September 2003 -21 CS 03.1736-.

nach denen der Widerruf einer nach altem Recht erteilten Erlaubnis nicht auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 gestützt werden durfte, für die hier vorliegende Fallgestaltung nicht ergiebig. Da in dem dort entschiedenen Fall für den Widerruf eine Verurteilung herangezogen wurde, die zeitlich vor der Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis ergangen war, fehlte es bereits an einem nachträglichen Tatsacheneintritt, so dass § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 schon unter diesem Gesichtspunkt keine Anwendung finden konnte. Eine solche Konstellation liegt hier mit Blick auf die Verurteilung vom 3. November 1998 jedoch -wie dargelegt- nicht vor.

Ebensowenig kann das Argument des Klägers überzeugen, bei der in Rede stehenden Verurteilung aus dem Jahre 1998 handele es sich nicht um eine "nachträgliche" Tatsache im Sinne der Widerrufsvorschrift, weil die vom Beklagten nach der erstmaligen Kenntniserlangung von der Verurteilung im Jahre 2000 getroffene Entscheidung, ihn -den Kläger- trotz der Verurteilung weiterhin als zuverlässig anzusehen und ihm die Waffenbesitzkarten zu belassen, rechtlich einer (Neu-) Erteilung der Erlaubnisse gleichzustellen sei. Denn der Beklagte hat damals lediglich verwaltungsintern entschieden, n i c h t regelnd mit Außenwirkung den Waffenbesitz des Klägers aufzugreifen, weil er -wie sein Vertreter in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat- seinerzeit durch einen Erlass des Innenministeriums NRW -einen so genannten "Nichtanwendungserlass"- beamtenrechtlich gehindert war, der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu folgen und schon damals die Waffenbesitzkarten des Klägers zu widerrufen. Der Kläger verkennt, dass einem solchen behördeninternen Entscheidungsprozess kein Erklärungswert mit Außenwirkung zukommt.

Der Einwand des Klägers, nach dem Abschluss des waffenrechtlichen Verwaltungsverfahrens habe die Jagdbehörde ihm im November 2003 wieder einen Jahresjagdschein erteilt und ihn damit als zuverlässig eingestuft, rechtfertigt schließlich auch keine andere Betrachtung. Zum einen war der Kläger in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Waffenbesitzkarten maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens -dies ist der Zeitpunkt des Erlasses der Widerspruchsentscheidung- gerade nicht Inhaber eines Jagdscheines. Zum anderen wären die Waffenbehörden auch dann nicht an die Einschätzung der Jagdbehörde gebunden gewesen, wenn der Kläger noch vor dem Erlass des Widerspruchsbescheids im waffenrechtlichen Verfahren einen gültigen Jagdschein hätte vorlegen können. Denn die Waffenbehörden waren zu einer eigenständigen Prüfung der Zuverlässigkeit des Klägers verpflichtet. Der bereits erwähnte "Nichtanwendungserlass" sah während der Geltungsdauer des Waffengesetzes 1976 zwar -entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und damit für das erkennende Gericht ohnehin nicht bindend- noch einen Vorrang der Entscheidung der Jagdbehörde vor. Die den Erwerb und Besitz von Schusswaffen durch Jäger neu regelnde Vorschrift des § 13 WaffG 2002 stellt indessen Jagdscheininhaber in Abs. 2 a.a.O. bei der Erteilung einer Waffenbesitzkarte für den Erwerb und Besitz von Langwaffen und zwei Kurzwaffen nunmehr ausdrücklich nur noch von der Prüfung des Bedürfnisses, aber nicht mehr von der Prüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit frei. Dies gilt nach § 13 Abs. 3 WaffG 2002 ebenso für eine für den dauerhaften Besitz von Langwaffen erforderliche Waffenbesitzkarte.

(II.) Für die Frage, ob aufgrund von Umständen, die nach der Erlaubniserteilung eingetreten sind, die Zuverlässigkeit des Klägers entfallen und damit gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 ein Versagungsgrund eingetreten ist, sind alleiniger rechtlicher Maßstab die in dem zum 1. April 2003 in Kraft getretenen § 5 WaffG 2002 normierten Zuverlässigkeitsanforderungen, und zwar auch für Erlaubnisse, die -wie hier dem Kläger- nach dem bis zum 31. März 2003 geltenden Waffengesetz vom 8. März 1976 erteilt worden sind.

Der Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 lässt zwar grundsätzlich Raum für die Interpretation, dass die Prüfung, ob nachträglich eingetretene Tatsachen "zur Versagung der Erlaubnis hätten führen müssen", an der im Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis geltenden Rechtslage auszurichten ist,

vgl. VG Regensburg, Beschluss vom 16. Juli 2003 -RN 7 S 03.970-,

vorliegend also nach den Bestimmungen des Waffengesetzes vom 8. März 1976, das eine dem § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. a WaffG 2002 entsprechende Regelung einer zehnjährigen unwiderlegbaren Vermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit aufgrund der Verurteilung wegen eines Verbrechens gerade nicht enthielt.

Eine solche Auslegung entspricht jedoch bereits nicht der Gesetzessystematik und dem Charakter der Widerrufsvorschrift. Wie ein Vergleich mit § 47 Abs. 1 WaffG 2002 zeigt, der die Rücknahme rechtswidrig erteilter Erlaubnisse regelt -unabhängig davon, ob aufgrund unzutreffender Tatsachengrundlage oder aufgrund fehlerhafter Rechtsanwendung- und insoweit an die im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung geltende Sach- und Rechtslage anknüpft, dient der Widerruf von Waffenbesitzkarten nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 gerade nicht der nachträglichen Korrektur einer rechtswidrigen Erlaubniserteilung. Die Regelung des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ermächtigt die Behörde nicht, nachträglich eingetretene Tatsachen so zu behandeln, als hätten sie bereits bei Erteilung der Waffenbesitzkarte vorgelegen, und sie so zu bewerten, wie sie bei der Entscheidung über die Erteilung der Waffenbesitzkarte zu bewerten gewesen wären. Der in § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG vorgeschriebene Widerruf einer Waffenbesitzkarte wegen nachträglichen Eintritts von Versagungstatsachen soll nicht einer vergangenen, sondern der im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerruf gegebenen Rechtslage hinsichtlich der Voraussetzungen für die weitere Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Schusswaffen Rechnung tragen,

vgl. für die wortgleiche Widerrufsvorschrift des § 47 Abs. 2 WaffG 1976: BVerwG, Urteil vom 30. April 1985 -1 C 12/83-; BVerwGE 71, 234 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 19. Juni 1992 -Bs VII 20/92-, NVwZ-RR 1993, 27 f.

Entgegen der Auffassung des Klägers gebietet insbesondere auch die Übergangsregelung des § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 in Fällen wie dem vorliegenden keine einschränkende Auslegung des Widerrufstatbestandes des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 dahingehend, dass das Versagungserfordernis an der zur Zeit der Erlaubniserteilung geltenden Rechtslage zu messen ist,

a.A. VG Regensburg, Beschluss vom 16. Juli 2003, -RN 7 S 03.970-.

§ 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 bestimmt, dass Erlaubnisse im Sinne des Waffengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 1976 fortgelten, soweit nicht nachfolgend Abweichendes bestimmt wird. Eine abweichende Regelung betreffend den Widerruf von "Alterlaubnissen" ist in den weiteren Absätzen der Übergangsvorschrift nicht enthalten. Der gegenteiligen Auffassung, wonach es wegen einer ansonsten eintretenden Umgehung des § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 nicht möglich sein soll, die nach dem Waffengesetz vom 11. Oktober 2002 geltenden Zuverlässigkeitskriterien des § 5 WaffG 2002 rückwirkend auf die noch nach alter Rechtslage erteilten Erlaubnisse zu übertragen, vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen. Im Gegenteil sieht es die Reichweite der Übergangsvorschrift des § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002, die eine Regelung für den Altbesitz trifft, dahingehend beschränkt, dass hier lediglich bestimmt wird, dass die nach dem bisherigen Waffengesetz vom 8. März 1976 erteilten Erlaubnisse fortgelten und nicht, wie dies zum Beispiel § 58 Abs. 2 WaffG 2002 für Kriegsschusswaffen vorsieht, nach Ablauf einer bestimmten Übergangsfrist unwirksam werden, oder, wie dies für einige Erlaubnisarten in früheren Übergangsvorschriften bestimmt war, nur noch für eine Übergangsfrist gelten und sodann nach neuem Recht neu zu beantragen sind (vgl. u.a. §§ 57 Abs. 1 Satz 1, 59 b Abs. 1 Satz 1, 59c Abs. 1 Satz 1 WaffG 1976). Die Übergangsvorschrift stellt insofern einerseits klar, dass Inhaber so genannter "Alterlaubnisse" keine neue Erlaubnis nach dem Waffengesetz 2002 beantragen müssen, sondern mit dem Inkrafttreten des neuen Waffenrechts aufgrund der bisherigen Erlaubnisse weiterhin in dem durch diese gestatteten Umfang zum Umgang mit Waffen und Munition berechtigt sind. Andererseits dient die Übergangsvorschrift -wie bereits in anderem Zusammenhang dargelegt- auch dazu, die bestehenden Erlaubnisse in das neue Recht überzuleiten und sie hinsichtlich des weiteren Umgangs mit Waffen und Munition -bei den hier in Rede stehenden Waffenbesitzkarten also hinsichtlich der weiteren Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die Waffen- der Geltung des neuen Rechts, namentlich auch den Zuverlässigkeitsmaßstäben des § 5 WaffG 2002 zu unterstellen,

vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Februar 1983 -1 C 158/80-, BVerwGE 67, 16 ff. für den Widerruf einer "Alterlaubnis" nach Inkrafttreten des WaffG 1976.

Dafür, dass in der Übergangsvorschrift des § 58 Abs. 1 WaffG ein weiter reichenden Bestands- bzw. Vertrauensschutz, wie ihn der Kläger für sich reklamiert, angelegt ist, der die Anwendung des neuen § 5 WaffG 2002 im Rahmen des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 auf "Alterlaubnisse" ausschließt oder § 5 WaffG 2002 bei "Alterlaubnissen" in seinem Anwendungsbereich auf solche Versagungstatsachen beschränkt, die erst nach dem Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes, also nach dem 1. April 2003 eingetreten sind, fehlen überzeugende Anknüpfungspunkte. Eine derartige Bedeutung des § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 lässt sich weder dem Wortlaut der Vorschrift noch ihrem vorstehend dargelegten Sinn und Zweck entnehmen. § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 regelt lediglich die Fortgeltung der "Alterlaubnisse" anlässlich des Inkrafttretens des neuen Waffengesetzes sowie ihre Überleitung in das neue Recht, nicht jedoch auch eine Fortgeltung des alten Rechts für diese Erlaubnissen. Auch der Umstand, dass eine Ausnahmeregelung mit Blick auf § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. dem geänderten § 5 WaffG 2002 in den Übergangsregelungen fehlt, lässt nicht den Schluss zu, dass der Gesetzgeber deswegen "Alterlaubnisse" von der Anwendung der seit dem 1. April 2003 allein geltenden neuen Zuverlässigkeitskriterien freistellen und auch den Widerruf dieser Erlaubnisse nach § 5 WaffG 2002 ausschließen wollte. Eine besondere Aufführung der Widerrufsmöglichkeit als Ausnahme von der grundsätzlich bestimmten Fortgeltung von "Alterlaubnissen" in § 58 WaffG 2002 widerspräche im Übrigen auch dem Regelungsgehalt sowie der systematischen Stellung dieser Vorschrift. Gegen die Auffassung, dass § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 einen den Widerruf von "Alterlaubnissen" nach Maßgabe der neuen Zuverlässigkeitskriterien ausschließenden Vertrauens- bzw. Bestandsschutz vermittelt, spricht insbesondere auch der Umstand, dass Inhabern einer waffenrechtlichen Erlaubnis in der speziellen Widerrufsvorschrift des Waffenrechts, anders als dies sonst bei begünstigenden Verwaltungsakten nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht der Fall ist, im Interesse der öffentlichen Sicherheit kein Vertrauensschutz eingeräumt wird. § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 ordnet -wie auch schon § 47 Abs. 2 Satz 1 WaffG 1976- den Widerruf bei Fehlen der erforderlichen Zuverlässigkeit zwingend an. Mit Blick auf diese zwingende Widerrufsfolge steht eine waffenrechtliche Erlaubnis gleichsam ständig unter dem Vorbehalt fortbestehender Zuverlässigkeit. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, weshalb die Übergangsregelung des § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002, die lediglich die Fortgeltung von "Alterlaubnissen" anordnet, bezüglich dieser Erlaubnisse einen nach dem Waffengesetz -sowohl vor als auch nach der Neufassung- nicht vorgesehenen Vertrauensschutz begründen soll.

Der vom Kläger geforderten einschränkenden Auslegung stehen ferner auch der Sinn und Zweck des neuen Waffengesetzes -der u. a. darin liegt, im Interesse der öffentlichen Sicherheit den missbräuchlichen Umgang mit Waffen stärker einzuschränken,

vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BR-Drucks. 596/01, Vorblatt-,

der Gleichbehandlungsgrundsatz und systematische Gesichtspunkte entgegen. Den mit dem Gesetz verfolgten Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (vgl. § 1 Abs. 1 WaffG 2002), denen insbesondere durch die Verschärfung der Zuverlässigkeitstatbestände im neuen § 5 WaffG 2002 Rechnung getragen worden ist, läuft eine Auslegung des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002, die den Widerruf von "Alterlaubnissen" nach den strengeren Zuverlässigkeitskriterien gänzlich bzw. in allen Fällen einer Verurteilung vor dem Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes zum 1. April 2003 ausschließt, geradezu direkt zuwider. Gerade unter Berücksichtigung der mit der Gesetzesänderung verfolgten Sicherheitsinteressen ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber die Inhaber alter Erlaubnisse, die im Übrigen nach dem Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes die Mehrheit aller Waffenbesitzer bilden, von den verschärften Zuverlässigkeitsanforderungen ganz bzw. bezüglich solcher Tatsachen, die bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes eingetreten waren, freistellen wollte. Bei einer solchen Gesetzesauslegung und -anwendung liefe die mit der Einführung der neuen Zuverlässigkeitsstandards beabsichtigte Verbesserung des Schutzes der Allgemeinheit in zahlreichen Fällen leer. Ein solcher Wille des Gesetzgebers müsste -weil überraschend- deutlicher im Gesetz zum Ausdruck kommen. § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 gibt dafür nichts her. Auch ist mit Blick auf das Gleichbehandlungsgebot nicht plausibel zu erklären, weshalb § 5 WaffG 2002 bei Vorliegen einer danach relevanten Verurteilung vor dem 1. April 2003 der N e u e r t e i l u n g einer waffenrechtlichen Erlaubnis -was auch der Kläger einräumt- entgegenstehen, nicht aber den Widerruf einer bereits erteilten Erlaubnis bedingen soll. Derjenige, der als Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis in Kenntnis der besonderen Anforderungen an seine waffenrechtliche Zuverlässigkeit eine Straftat begeht, ist zudem in aller Regel kritischer zu beurteilen; weshalb er gegenüber einem Neuantragsteller milder beurteilt werden sollte, ist nicht ersichtlich und im Verhältnis zum Neuantragsteller auch nicht nachvollziehbar zu rechtfertigen. Überdies widerspricht die vom Kläger bevorzugte Auslegung der Systematik des Waffengesetzes, das auch nach der Neufassung seiner Konzeption nach die Erteilung und den Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse entsprechend dem Gewicht der in Rede stehenden Sicherheitsinteressen an die gleichen rechtlichen Voraussetzungen, namentlich die nach § 5 WaffG 2002 erforderliche Zuverlässigkeit knüpft. Für Antragsteller und Erlaubnisinhaber gilt damit grundsätzlich der gleiche Zuverlässigkeitsmaßstab. Auch entspricht es der Systematik der Auslegung von Gesetzen, dass Vorschriften innerhalb eines Gesetzes -hier des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002- einheitlich angewendet werden. Diesem Auslegungsprinzip würde eine Heranziehung des § 5 WaffG 1976 im Rahmen des § 45 Abs. 2 WaffG 2002 widersprechen, ohne dass gewichtige Gründe für ein solches Normverständnis ersichtlich sind.

Dem hiesigen Verständnis der Übergangsregelung des § 58 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 in Verbindung mit § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 steht schließlich auch nicht das im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) verankerte Rückwirkungsverbot entgegen. Denn die Anwendung der durch die Neufassung des Waffenrechts verschärften Zuverlässigkeitskriterien in § 5 WaffG 2002 im Zusammenhang mit der Widerrufsvorschrift bedeutet für die betroffenen Alterlaubnisinhaber allenfalls eine "unechte" Rückwirkung bzw. "tatbestandliche Rückanknüpfung", weil lediglich an Sachverhalte, die in der Vergangenheit eingetreten sind, neue Rechtsfolgen mit Wirkung für die Zukunft geknüpft werden. Die Waffenbesitzkarten werden den betroffenen Erlaubnisinhabern bei einem Widerruf wegen fehlender Zuverlässigkeit indessen gerade nicht mit Wirkung für die Vergangenheit genommen. Eine solche "unechte" Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden,

vgl. Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Kommentar, 4. Aufl., Art 20 Rn. 48 ff,

Etwas Anderes gilt nur dann, wenn das neue Recht unverhältnismäßig in Grundrechte der Betroffenen eingreift,

vgl. hierzu: Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 1. April 2003 - 1 BvR 539/03 -, NVwZ 2003, 855-856,

oder im Einzelfall trotz lediglich "unechter" Rückwirkung ausnahmsweise ein besonderer Vertrauensschutz zu bejahen ist. Im vorliegenden Fall sind jedoch Anhaltspunkte für eine solche Ausnahmekonstellation nicht ersichtlich. Auf den unveränderten Fortbestand alten Rechts kann grundsätzlich niemand vertrauen. Insbesondere überwiegt das mit der Neufassung des Waffenrechts unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr verfolgte Anliegen der Verbesserung des Schutzes der Allgemeinheit vor ungeeigneten Waffenbesitzern das private Interesse des als unzuverlässig eingestuften Erlaubnisinhabers, weiterhin den Besitz über die bisher besessenen Waffen ausüben zu dürfen. Die Vorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 über den Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse bei fehlender Zuverlässigkeit schränkt auch bei einer Anwendung der strengeren Zuverlässigkeitsanforderungen auf "Alterlaubnisse" die durch Art. 2 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit angesichts des mit dem Gesetz verfolgten Anliegens der Verbesserung der inneren Sicherheit in verhältnismäßiger Weise ein. Die Regelungen stellen gleichermaßen auch eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 2 GG dar.

vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1994 -1 C 31/92-, BVerwGE 97, 245 ff und Urteil vom 28. April 1987 -1 C 18/84-, Buchholz 402.5 WaffG Nr 48; allgemein zum Widerruf von "Alterlaubnissen" auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. Oktober 2003 -11 ME 286/03- und BayVGH, Beschluss vom 7. April 2003 -21 CS 02.3210-, BayVBl. 03, 595 ff., die § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 5 WaffG 2002 ohne weiteres auf Erlaubnisse i.S.d. WaffG 1976 sowie auf Verurteilungen, die vor dem 1. April 2003 erfolgt sind, anwenden.

Nach alledem sind die Waffenbesitzkarten mit Blick auf die Verbrechensverurteilung des Klägers vom 3. November 1998 auf der Grundlage der § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. a WaffG 2002 rechtmäßig wirderrufen worden.

Der Umstand, dass der Beklagte von der Verurteilung aus dem Jahre 1998 erstmals im November 2000 Kenntnis erhalten, den Widerruf aber erst im April 2003 verfügt hat, ist für die Zulässigkeit des Widerrufs nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 ohne Bedeutung. Denn die in der Widerrufsvorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes NRW geregelte Jahresfrist für den Widerruf begünstigender Verwaltungsakte gilt nicht für den Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Da das Waffengesetz den Widerruf zwingend vorschreibt und insoweit eine abschließende Regelung trifft, schließt es eine Heranziehung der Jahresfrist nach Landesverwaltungsverfahrensrecht aus,

vgl. zu § 47 Abs. 2 Satz 1 WaffG 1976 BVerwG, Urteil vom 26. März 1996 -1 C 12/95-, BVerwGE 101, 24 ff.

Ebenso wenig kommt es auf die Frage an, ob die besonderen Voraussetzungen der Widerrufsvorschrift des § 49 Abs. 2 VwVfG NRW erfüllt sind. Denn § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 geht als abschließende spezialgesetzliche Regelung in gleicher Weise den allgemeinen Vorschriften über den Widerruf von begünstigenden Verwaltungsakten nach den Landesverwaltungsverfahrensgesetzen vor und schließt ihre Anwendung in seinem Regelungsbereich aus.

(III.) Die Klage hat aus einem weiteren Grund keinen Erfolg. Selbst wenn man der Rechtsauffassung des Klägers folgt, dass der Widerruf der ihm erteilten Waffenbesitzkarten nicht auf § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) WaffG 2002 hätte gestützt werden dürfen -weil die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm in seiner Person schon vor ihrem Inkrafttreten (dem 1. April 2002) verwirklicht waren-, hätten die Waffenbesitzkarten widerrufen werden müssen, nämlich nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WaffG 2002, dessen Anwendung keine Übergangsproblematik aufwirft, weil die Bestimmung wörtlich dem § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG 1976 entspricht.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WaffG 2002 besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WaffG 2002 knüpft dabei -ebenso wie § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG 1976- an eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens an und erfordert -anders als die in § 5 Abs. 2 WaffG 2002/1976 geregelten Sachverhalte, die schon für sich allein in der Regel einen Zuverlässigkeitsmangel begründen- eine umfassende Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles. Die Feststellung des Zuverlässigkeitsmangels setzt aber nicht etwa den Nachweis voraus, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mit Waffen und Munition sorgsam umgehen wird. Es genügt vielmehr, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit im Sinne einer begründeten Besorgnis für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen besteht.

Auch diese Voraussetzungen sind in der Person des Klägers erfüllt. Die Verurteilung vom 3. November 1998 wegen Anstiftung zum Meineid und wegen Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage lässt insbesondere in einer Zusammenschau mit den zahlreichen weiteren Verurteilungen des Klägers seit dem Jahre 1983 - u. a. wegen wiederholten Verstoßes gegen das Waffengesetz, wegen fortgesetzter Beihilfe zur Förderung der Prostitution in Tateinheit mit Zuführung zur Prostitution und Zuhälterei sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung - nicht nur allgemein an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers zweifeln, sondern rechtfertigt bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände auch die begründete Besorgnis, dass vom Kläger in der Zukunft ernsthaft die Gefahr des Waffenmissbrauchs droht,

vgl. hierzu: VGH Bayern, Beschluss vom 7. April 2003 - 21 Cs 02.3210 -, BayVBl. 2003, 595 ff.

Insbesondere die Verurteilung des Klägers wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung durch das Amtsgericht Aachen im Jahre 1995 - rechtskräftig seit dem 20. Januar 1996 -, die in innerem Zusammenhang mit der späteren Verurteilung wegen Anstiftung zum Meineid und Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage steht, erlaubt in der Zusammenschau mit dem Eidesdelikt eine solche Gefahrenprognose. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts Aachen im Jahre 1995 holte der Antragsteller bei einem Streit mit seiner damaligen Lebensgefährtin in der gemeinsamen Wohnung den Revolver Magnum aus dem Schrank heraus und richtete ihn auf die Lebensgefährtin mit den Worten, wenn sie ihn hinauswerfe, werde er sie "kaputt schießen und aus dem Fenster werfen". Bei einem weiteren Streit am 17. Dezember 1994 schlug er ihr mit der Faust auf den Kopf, in das Gesicht und den Nacken. Später versuchte er, eine Verurteilung wegen dieser Taten in der Berufungsinstanz dadurch zu verhindern, dass er das Opfer, seine damalige Lebensgefährtin, dazu bestimmte und veranlasste, vor dem Berufungsgericht wahrheitswidrig auszusagen, sie sei mit ihm verlobt und verweigere deshalb die Aussage. Unter anderem hat er dadurch auf das Zeugenverhalten seiner damaligen Lebensgefährtin Einfluss genommen, dass er sie auf die Möglichkeit des Verlustes des Jagdscheines bei seiner Verurteilung wegen Körperverletzung hingewiesen hat. "Käme es dazu", so erklärte er ihr, "sehe es für sie schlecht aus". Die in diesem Gesamtverhalten zum Ausdruck kommende nachhaltige und erhebliche kriminelle Energie ist bei der Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Sie ist ein außerordentlich schwer wiegendes Indiz dafür, dass auch in Zukunft ernsthaft die Gefahr des Waffenmissbrauchs durch ihn droht. Namentlich die gesetzwidrige und damit missbräuchliche Verwendung einer Schusswaffe zur Bedrohung einer anderen Person begründet die ernstliche Besorgnis, dass der Kläger auch in Zukunft nicht jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß und verantwortungsbewusst unter Berücksichtigung von Leben und Gesundheit seiner Mitmenschen mit Waffen umgehen wird und diese nur benutzt, wenn die Rechtsordnung dies gestattet. Dass es zu dieser Tat im Rahmen einer streitigen Auseinandersetzung mit seiner damaligen Lebensgefährtin kam, lässt die Verhaltensprognose keinesfalls günstiger ausfallen. Dieser Umstand gibt vielmehr Anlass zu der begründeten Besorgnis, dass der Kläger gerade in Ausnahmesituationen besonderer Erregung nicht die von einem Waffenbesitzer jederzeit zu fordernde Besonnenheit und Beherrschung bewahren wird. Angesichts der Art und Schwere des Fehlverhaltens sowie der in dem gesamten Tatkomplex gezeigten erheblichen kriminellen Energie rechtfertigt auch der bisherige Zeitablauf seit diesen Vorfällen keine andere Einschätzung hinsichtlich der Annahme eines Zuverlässigkeitsmangels. Schließlich zeigt auch die Kontinuität der strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers über Jahre hinweg bis in die Gegenwart -zuletzt wurde im Jahre 2000 ein Verfahren wegen Betruges gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt, da die zu erwartende Strafe gegenüber einer bereits verhängten nicht erheblich ins Gewicht fiel-, dass es ihm insgesamt an der erforderlichen Rechtstreue und Achtung gegenüber der Rechtsordnung fehlt und er gerade auch vor diesem Hintergrund nicht die Gewähr eines jederzeit waffenrechtlich unbedenklichen Verhaltens bietet.

Bei der Verurteilung aus dem Jahre 1995 handelt es sich hinsichtlich der in den Jahren 1992 und 1994 ausgestellten Waffenbesitzkarten schließlich auch um eine "nachträgliche" Tatsache im Sinne der Widerrufsvorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002. Was die im Jahre 1996 durch nachträgliche Eintragung in die bereits vorhandene Waffenbesitzkarte erteilte Besitzerlaubnis für die Bockbüchsflinte anbetrifft, gilt im Ergebnis nichts anderes. Diese Verurteilung war insofern ebenso wie die anderen, weiter zurückliegenden Verurteilungen in die Gefahrenprognose mit einzubeziehen. Denn einem Erlaubnisinhaber fehlt wegen nachträglich eingetretener Tatsachen -hier hinsichtlich aller Erlaubnisse die Verurteilung vom 3. November 1998- die erforderliche Zuverlässigkeit auch dann, wenn sich die Unzuverlässigkeit erst oder gerade im Zusammenhang mit Umständen ergibt, die bereits vor der Erlaubniserteilung eingetreten waren, aber für sich nicht die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigten,

vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 26. März 1996 -1 C 12.95-, BVerwGE 101, 24 ff.

Gerade eine solche Einschätzung gebieten aber im Wege einer Gesamtschau die den genannten Verurteilungen zugrunde liegenden Verfehlungen des Klägers.

Der Widerruf der streitgegenständlichen Waffenbesitzkarten ist nach alledem sowohl unter Anlegung der Zuverlässigkeitsmaßstäbe des "neuen" als auch des "alten" Waffengesetzes zu Recht erfolgt.

Die Klage ist auch unbegründet, soweit sich der Kläger gegen die Verpflichtung zur Herausgabe der Waffenbesitzkarten und die weitere Anordnung, wie er mit den Schusswaffen nach Eintritt der Bestandskraft der Verfügung zu verfahren hat, wendet. Die Anordnung, die in seinem Besitz befindlichen Schusswaffen innerhalb der angemessenen Frist von 6 Monaten unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen, entspricht der Vorschrift des § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002. Die Verpflichtung zur Herausgabe der Waffenbesitzkarten folgt aus § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002.

Die Androhung des Zwangsgeldes für den Fall, dass der Kläger der Verpflichtung zur Herausgabe der Waffenbesitzkarten nicht nachkommt, ist auf der Grundlage der §§ 50, 51, 53, 56 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen rechtmäßig ergangen.

Die -reduzierte- Gebührenfestsetzung ist auf der Grundlage von § 50 Abs. 1 WaffG i. V. m. § 1 Abs. 2 des Verwaltungskostengesetzes und der Kostenordnung zum Waffengesetz i. d. F. der Bekanntmachung vom 20. April 1990, die gem. Art. 19 Nr. 3 lit. c WaffRNeuRegG bis zum Inkrafttreten von Verordnungen nach dem vorgenannten Gesetz weiterhin entsprechende Anwendung findet, rechtmäßig erfolgt. Fehler bei der Gebührenfestsetzung sind nicht zu erkennen. Die Gebühren für die einzelnen Amtshandlungen sind in Übereinstimmung mit den im Gebührenverzeichnis in Abschnitt I Nr. 15 sowie Abschnitt III Nr. 2 i.V.m. Abschnitt II Ziff. 6, Ziff. 10 b), Ziff. 7 und Ziff. 12 vorgesehenen Gebührensätzen ordnungsgmäß festgesetzt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.