OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.08.2004 - 6 B 1649/04
Fundstelle
openJur 2011, 30212
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 4 L 748/04
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen; diese trägt der Beigeladene selbst.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die mit ihr dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) führen nicht zu einem Erfolg des Rechtsmittels.

Der Antragsteller erstrebt eine einstweilige Anordnung dahin, dass dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt wird, die der Kreispolizeibehörde C. zum 00.00.0000 zugewiesene Planstelle eines Kriminalhauptkommissars (Besoldungsgruppe A 11 BBesO, Zweite Säule) mit einem anderen Beamten, insbesondere mit dem vom Dienstherrn dafür in Aussicht genommenen Beigeladenen, zu besetzen. Das Verwaltungsgericht hat den Anordnungsantrag mangels eines Anordnungsanspruchs abgelehnt: Der Dienstherr habe bei der Auswahlentscheidung den Beigeladenen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise vorgezogen. Das gelte unabhängig davon, dass in den dem Antragsteller und dem Beigeladenen als Kriminaloberkommissaren erteilten letzten dienstlichen Regelbeurteilungen vom 00.00.0000 und vom 00.00.0000 (Beurteilungszeitraum 00.0000 bis einschließlich 00.0000) das Gesamturteil bei dem Beigeladenen auf "Die Leistung und Befähigung ... übertreffen die Anforderungen" (4 Punkte), bei dem Antragsteller hingegen lediglich auf "Die Leistung und Befähigung ... entsprechen voll den Anforderungen" (3 Punkte) laute. Insbesondere brauche nicht entschieden zu werden, ob die beim Antragsteller durch den Endbeurteiler vorgenommene Absenkung des Gesamturteils und der Hauptmerkmale Leistungsverhalten und Leistungsergebnis von 4 Punkten auf 3 Punkte rechtmäßig oder rechtswidrig sei. Jedenfalls ergebe sich selbst bei der Annahme eines Beurteilungsgleichstands ein Qualifikationsvorsprung des Beigeladenen. Hinsichtlich des vorangegangenen Beurteilungszeitraums vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 habe dieser das Gesamturteil "Die Leistung und Befähigung ... entsprechen voll den Anforderungen" (3 Punkte), der Antragsteller aber nur das Gesamturteil "Die Leistung und Befähigung ... entsprechen im Allgemeinen den Anforderungen" (2 Punkte) erhalten. Im Übrigen wäre die Auswahl des Beigeladenen selbst nach dem vom der Kreispolizeibehörde C. generell in erster Linie herangezogen Hilfskriterium der Verweildauer im (gegenwärtigen) statusrechtlichen Amt nicht zu beanstanden.

Der Antragsteller macht geltend: Das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass auch eine "qualitative Ausschärfung" der aktuellen dienstlichen Beurteilung durchgeführt werden müsse. Die konkrete Ausgestaltung einer möglichen Neuerstellung seiner aktuellen dienstlichen Regelbeurteilung vom 00.00.0000 (über die vom Antragsteller gegen diese Beurteilung anhängig gemachte, beim Verwaltungsgericht Münster unter dem Aktenzeichen 4 K 511/04 geführte Klage ist noch nicht entschieden worden) sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt. Vor diesem Hintergrund reiche für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung aus, dass seine dienstliche Beurteilung vom 00.00.0000 rechtswidrig sei.

Damit ist nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht einen Anordnungsanspruch hätte bejahen müssen. Zwar vermag jeder Fehler im Auswahlverfahren einschließlich etwaiger Fehler der dabei zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen; vorausgesetzt werden dabei die Berücksichtigungsfähigkeit des Fehlers und dessen potentielle Kausalität für das Auswahlergebnis.

Vgl. im Einzelnen den Beschluss des Senats vom 13. September 2001 - 6 B 1776/00 -, Nordrhein- Westfälische Verwaltungsblätter 2002, 111.

Des Weiteren ist der Dienstherr (bei gleichem Gesamturteil der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Konkurrenten) zu einer inhaltlichen Ausschöpfung nicht nur der älteren, sondern auch der aktuellen Beurteilungen nicht nur berechtigt, sondern vielmehr verpflichtet, dies zumindest ernsthaft in Betracht zu ziehen. Dabei steht ihm ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Im Interesse einer effektiven Rechtsschutzgewährung trifft ihn eine - unter Umständen erhöhte - Begründungs- und Substantiierungspflicht, wenn er sich aufdrängenden oder zumindest naheliegenden Unterschieden bei den Einzelfeststellungen (bei gleichem Gesamturteil) keine Bedeutung beimessen will.

Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 27. Februar 2004 - 6 B 2451/03 - und vom 4. Juni 2004 - 6 B 637/04 -.

Diese Aspekte führen jedoch nicht zum Erfolg der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Argumentation zu Gunsten des Antragstellers einen aktuellen Beurteilungsgleichstand zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen fingiert. Das schließt gedanklich ein, dass dem fiktiven Gesamturteil von 4 Punkten für den Antragsteller keine Einzelfeststellungen zugrunde liegen, nach denen sich ein Beurteilungsvorsprung gegenüber der auf 4 Punkte im Gesamturteil lautenden aktuellen Beurteilung des Beigeladenen vom 00.00.0000 aufdrängt bzw. ein solcher Vorsprung nahe liegt. Letzteres ist auch, selbst wenn die erwähnte Klage 4 K 511/04 VG Münster des Antragstellers Erfolg haben sollte, auszuschließen. Das ergibt sich schon aus den vom Antragsteller vorgebrachten Argumenten zur Stützung der Klage, mit der er eine Verurteilung des Dienstherrn zur Aufhebung seiner aktuellen Regelbeurteilung vom 00.00.0000 und zur Neubeurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verfolgt. Er macht hierzu geltend, die in seiner Beurteilung vom 00.00.0000 durch den Endbeurteiler vorgenommene Absenkung der Hauptmerkmale Leistungsverhalten und Leistungsergebnis von 4 Punkten (Vorschlag des Erstbeurteilers) auf 3 Punkte sei nicht plausibel, und somit sei die Beurteilung mit dem Gesamturteil 3 Punkte gegenüber dem auf 4 Punkte lautenden Vorschlag des Erstbeurteilers insgesamt nicht nachvollziehbar. Der Antragsteller macht hiernach selbst nicht geltend, ihm stünden bei den drei bewerteten Hauptmerkmalen seiner aktuellen Beurteilung mehr als die vom Erstbeurteiler vorgeschlagenen dreimal 4 Punkte zu. Bei einer dahingehenden Bewertung der Hauptmerkmale würde sich (bei gleichem Gesamturteil) aber ein Qualifikationsvorsprung des Antragstellers gegenüber dem Beigeladenen nicht aufdrängen. Die gegenteilige Annahme läge näher. Denn dem Beigeladenen sind in seiner aktuellen dienstlichen Beurteilung vom 00.00.0000 beim Hauptmerkmal Leistungsverhalten 5 Punkte und bei den beiden anderen bewerteten Hauptmerkmalen Leistungsergebnis und Sozialverhalten 4 Punkte zuerkannt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der seit dem 1. Juli 2004 geltenden Fassung (vgl. § 72 GKG n.F.).